Ein von der Fidesz-dominierten Bezirksverwaltung des VIII. Bezirks von Budapest angestrengtes Volksbegehren zur „Reinigung“ des Stadtviertels von Obdachlosen durch rigide Maßnahmen, ist an einer viel zu niedrigen Wahlbeteiligung gescheitert. Nicht einmal 10.000 der insgesamt rund 60.000 Wahlberechtigten stimmten den Fragen der Bezirksregierung zu, die u.a. das „Wühlen in Mülltonnen“ und das „Schlafen auf offener Straße“ mit so hohen Geldstrafen belegen lassen wollte, dass ein Großteil der Obdachlosen wegen Zahlungsunfähigkeit im „Schuldturm“, sprich im Gefängnis gelandet wären. 50% Wahlbeteiligung und 50% + eine Stimme wären für eine bindende Wirkung notwendig gewesen.
Das Fernbleiben der Bürger kann als dicke Schlappe für die Kriminalisisierungstaktik, die übrigens auf Stadtebene ganz ähnlich betrieben wird, gelten. Allerdings kündigten Fidesz-Politiker bereits an, dennoch „bestimmte Maßnahmen zur Reinigung der Straßen und Plätze“ zu ergreifen. Die Opposition hatte im Vorfeld mit einer Gegenplakataktion gegen die systematische Kriminalisierung von Armut protestiert, mit der keines der Probleme gelöst, sondern nur verlagert würde. Letztlich konnte man sogar Anhänger der Fidesz-Law-and-Order-Politik überzeugen, mit dem Kostenargument, denn ein Platz in einem Obdachlosenheim kommt den Steuerzahler um vieles billiger als der Aufenthalt im Knast. Die Wortwahl auf Werbezetteln des Bezirksbürgermeisters erinnerte zum Teil an grausige Vorzeiten.
Auf Landesebene hat Innenminister Sándor Pintér ein Dekret erlassen, dass das „Betteln an Ampeln“ (Windschutzscheibe waschen, ob man will oder nicht) mit Platzverbot, bei Ausländern mit Abschiebung ahnden soll.
Quelle: Pester Lloyd
Stand: 26.09.2011
Die Budapester Polizei hat die jährlich in Ungarn stattfindende Gay Pride Parade als Höhepunkt einer schwul-lesbischen Kultur- und Partywoche in diesem Jahr nicht genehmigt. Das für den 18. Juni geplante Event, bei dem wieder ein Marsch vom Budapester Heldenplatz über den Andrássy Boulevard geplant war, würde „überproportionale Verkehrsstörungen“ verursachen, so die Begründung. Zu einer anderen Route als der traditionellen waren die Veranstalter nicht bereit und werden die Entscheidung der Exekutive nun vor einem Gericht beeinspruchen.
Die zuvor bereits genehmigte Demonstration sollte um eine Routenänderung erweitert werden, in diesem Jahr wollten die Organisatoren auch auf das Platz vor dem Parlament ziehen (Kossuth tér), um auch gegen das Mediengesetz und gegen die neue Verfassung zu protestieren, die beide die Rechte von Homosexuellen einschränkten. Daraufhin zog die Polizei die Genehmigung für die gesamte Veranstaltung mit der o.g. Begründung zurück. Vom Ende der ursprünglichen Route (Andrássy/Ecke Bajcsy Zsilinsky) wäre es nur noch ein kleiner Schwenk zum Parlament, so dass das Verkehrsargument nicht stichhaltig ist.
Ein Abgeordneter der Parlamentspartei LMP spricht über das „Verbot“ als „schockierend und inakzeptabel“. Die Begründung sei an den Haaren herbei gezogen, das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit mit Füßen getreten.
Bei den vierzehn vorjährigen Paraden kam es immer wieder zu gewalttätigen Angriffen auf Teilnehmer von Seiten rechtsradikaler Randalierer. Im Zuge der politischen Radikalisierung im Lande herrschte und herrscht neben Antisemitismus, Rassismus vor allem gegen die ungarischen Roma, auch eine starke homophobe Stimmung, übrigens quer durch fast alle Gesellschaftsschichten. Die linksliberale Vorgängerregierung hatte es erst nach Jahren geschafft, die Veranstaltung mit einem riesigen Polizeiaufgebot halbwegs verlässlich zu schützen, einige Politiker schlossen sich dem Umzug, der in den vergangenen Jahren immer mehr von ausländischen Aktivisten dominiert wurde, auch demonstrativ an.
Einige Politiker des heute regierenden Fidesz taten sich in den letzten Jahren mit homophoben, teils mittelalterlichen Äußerungen hervor (siehe Link unter diesem Text: Hinterm Mond, gleich rechts), weshalb eine politische Motivation hinter der Nichtgenehmigung vermutet wird.
Quelle: Pester Lloyd
Stand: 15.02.2011
Ein staatlicher Radiosender in Ungarn schmeißt einen Journalisten aus der Sendung. Er wollte gegen das umstrittene neue Mediengesetz protestieren.
Wegen seiner Kritik an dem umstrittenen neuen Mediengesetz in Ungarn hat ein staatlicher Radiosender einen Journalisten aus der Sendung geworfen. Wie der Journalist Sandor Jazsberenyi der Wochenzeitung „168 ora“ sagte, habe er in der Morgensendung des staatlichen „Kossuth Radio“ eine Schweigeminute abhalten wollen, um gegen das neue Gesetz zu protestieren. Nach einem kurzen Wortgefecht mit dem Moderator habe er das Studio verlassen müssen.
„Ich dachte, als Demokrat wäre es meine Pflicht, jedes mögliche Forum zur Verteidigung der Pressefreiheit zu nutzen“, sagte Jazsberenyi, der zu einem anderen Thema in die Sendung eingeladen war. Zuvor waren bereits der Moderator Attila Mong und ein Redakteur suspendiert worden, nachdem sie in demselben Radioprogramm aus Protest gegen das Mediengesetz eine Schweigeminute abgehalten hatten.
Das Gesetz des rechtskonservativen Ministerpräsidenten Viktor Orbán sieht die Einrichtung eines sogenannten Medienrats vor, dem ausschließlich Mitglieder der Regierungspartei Fidesz angehören sollen. Das Gremium kann Rundfunkbetriebe, Zeitungen und Zeitschriften, deren Berichte als „nicht politisch ausgewogen“ erachtet werden, mit hohen Geldbußen belegen. Das Gesetz hat in der EU für massive Proteste gesorgt, da es als massive Beschneidung der Pressefreiheit angesehen wird.
Quelle: Welt Online
Stand: 28.12.2010